INNOVIS KUNDENGESPRÄCHE

Manuel Betz

MANUEL BETZ - WEINGUT HABERKERN-BETZ

"Es gibt ganz viele Dinge, die man neu machen will."

Zur Person

MANUEL BETZ
Jahrgang 1991 (Experte im Weinberg & Keller) Weinbauer, Gemeinderatsmitglied, verwurzelt in der Gemeinde Erlenbach bei Heilbronn.
Nach der Ausbildung zum Winzer, das Studium in Geisenheim zum B.Sc. Weinbauer (Oenologie). Stationen im Weingut Springfontein in Stanford (Hermanus, Südafrika), Weninger im Burgenland (Österreich), 2 Jahre in führender Position im Weingut Weedenborn (Rheinhessen) und schließlich im Familienbetrieb in Erlenbach.

Heilbronn, im April 2020. Die Welt steht kurzzeitig still aufgrund der Corona Pandemie. Kaum Menschen auf den Straßen, die Geschäfte sind geschlossen, eine unwirkliche Zeit. Nur die Natur steht nicht still und fordert von den Landwirten und Weinbauern weiterhin Aufmerksamkeit, Arbeit und Arbeitseinsatz. Wir fanden dennoch genügend Zeit für ein aufschlussreiches und spannendes Gespräch mit dem Jungwinzer aus der Region.

innovis: Wie bezeichnest Du Dich? Weinbauer, Winzer oder (schwäbisch) Wengerter?

Manuel Betz: Am liebsten eigentlich Winzer. Winzer oder Weinbauer. Dieses Wengerter ist ein bisschen schwierig. Weinbauer ist auch ein toller Beruf, aber er ist bildmäßig meist negativ behaftet. Ein Wengerter vermittelt in meinen Augen das Bild, das ist derjenige, der alleine in den Weinbergen irgendwas macht.

Wengerter hat also eher so einen privaten Charakter, wenn es jemand nebenher macht?

Wengerter hat für mich ein bisschen Eigenbrötler-Charakter. Das find ich ganz schlimm.

Als Familienbetrieb ist es sicherlich nicht immer einfach Dinge neu anzuschieben?

Es liegt ganz viel an der Kommunikation, wie man Projekte oder Veränderungen angeht. Vor allem muss man Veränderungen klar kommunizieren. Als zustoßende Person muss man sehr viel miteinander reden, teilweise muss man auch ein bisschen Mentor sein und man ist verpflichtet, jedem seinen Raum, seine Platz zu geben. Damit jeder sich auch selbst entfalten kann. Wenn man das will. Man darf nicht harsch vorgehen, man muss auch Fragen stellen. Ganz viele Fragen gegenseitig stellen, damit das Gegenüber auch das Gefühl der Wertschätzung hat.

Kannst Du von Deinen Eltern noch viel lernen? Oder willst Du alles neu machen? Oder besser gefragt: was machen Deine Eltern vielleicht noch ein bisschen besser als Du?

Meine Eltern haben mir von Kindesbeinen an übermittelt, was sie können und was ihnen wichtig ist. Ich bin jetzt 28. Ich weiß, was meine Eltern wissen und was für sie von Bedeutung ist. Ich bin jetzt sechs Jahre am Start, und habe das, was wissenswert ist, übernommen.

Ihr seid drei Kinder zuhause. War es Deinen Eltern wichtig, dass einer das Weingut übernimmt?

Meine Eltern haben sich natürlich sehr gewünscht, dass jemand von uns das Weingut übernimmt. Sie haben zwar gesagt, dass ihre Kinder freie Wahl haben, ob sie das tun wollen oder nicht, aber wenn von uns wirklich jemand nein gesagt hätte, weiß ich nicht, was passiert wäre. Einmal stand meine Bereitschaft nämlich auf der Kippe, meine Geschwister hatten sich zu diesem Zeitpunkt schon dagegen entschieden, ich habe gezweifelt und es stand im Raum, dass keiner das Weingut übernimmt, das hat meine Eltern schon sehr traurig gestimmt, weil es ihnen auf jeden Fall wichtig war.

"Man muss sich erstmal selbst kennenlernen, um zu wissen, was man will."

Aber es ist jetzt schon ok für Dich, das Weingut weiterzuführen?

Auf jeden Fall. Die Entscheidung in der Landwirtschaft zu arbeiten, ist natürlich eine andere, wie wenn man in die monetär orientierte Wirtschaft mit seinen Karrieremöglichkeiten geht. Man muss ein bisschen die Prioritäten verschieben. Aber man lernt so auch mit der Zeit die Vorteile zu genießen. Und ich glaube, ich könnte es gar nicht mehr anders.

Gibt es Dinge, die Du ganz neu machen willst im Weingut?

Es gibt ganz viele Dinge, die man neu machen will. Aber als erstes muss man die fundamentalen Dinge lernen, wie Traktor fahren, Mulchen usw. Das lernt man von den Eltern und da geht es erstmal nur ums adaptieren. Wenn man das dann alles innehat, bekommt man langsam Einflüsse von außen. Diese Einflüsse muss man dann mit den Eltern kommunizieren. Dann kann man ihnen sagen, dass man ein besseres Ergebnis bekommt, wenn man die Methode ein wenig anpasst. Man kann in ein System, das seit Jahrzehnten gut läuft, nicht einfach eingreifen und sagen, man macht das jetzt anders. Man muss die Veränderungen und Wünsche ganz klar kommunizieren, dass Verletzungen vermieden werden. Das Schöne ist, dass man in jedem Bereich das Potential hat, sich zu entwickeln. Sei es im Pflanzenbau, in der Traubenproduktion oder beim Keltern. Und diese Weiterentwicklungen muss man einfach ausgiebig kommunizieren.

Welche deiner Eigenschaft ist gut für Deinen Beruf?

Man muss sich erstmal selbst kennenlernen, um zu wissen, was man will. Darum ist das Selbststudium unheimlich wichtig. Viel wichtiger als ein Fachstudium. Und das ist beim Weinbauer glaub ich noch ein bisschen extremer wie wenn man einen technischen Beruf lernt. Ein Gerät funktioniert oder funktioniert eben nicht. Jetzt mal so als Außenstehender gesagt. Aber in der Landwirtschaft und im Weinbau muss man sich erstmal selbst kennenlernen, um zu wissen was man eigentlich möchte und verändern will. Die Selbstreflexion ist gut für meinen Beruf.

Welche Stärken kommen Dir da zu Gute?

Das Interesse an der Landwirtschaft. Und dass ich schon sehr gerne Weinbauer bin. Und ich glaube, da sind wir auf einem sehr guten Kurs und wir wollen diesen auch noch weiter verbessern. Das ist die Grundlage für die Weine. Ich bin verdammt gerne Bauer.

Der Klimawandel ist allgegenwärtig. Spürt ihr diesen schon im Weinbau?

In der Traubenerzeugung hat sich schon einiges geändert. Früher wurden die Trauben bis in den November gelesen, das war ganz normal. Heute sind die letzten Lesungen Anfang Oktober. Die Trauben haben einen deutlich höheren Reifegrad, wir haben eine gesicherte Ausreifung auf höheren Plateaus. Am Kayberg sind es 315 m über dem Meeresspiegel und wir haben jetzt eine gesicherte Ausreifung in dieser hohen Lage, die man früher eigentlich nur in den tieferen Lagen hatte. Es gibt weniger Fäulnisprobleme. Die letzten zehn Jahre waren steigende Zuckergehalte ein Problem. Wir versuchen bei der Herstellung des Weißweins eine aromatische Ausreifung zu bekommen, ohne dass die Zuckergehalte zu hoch werden, weil sonst der Alkoholgehalt zu hoch wird. Das ist die neue Herausforderung im Weinbau. Da habe ich während meiner Zeit in Südafrika aber viel abschauen können.

"Bis man zu 100 % mit seinem Wein zufrieden ist, das ist ein sehr langer Weg."

Würdest Du sagen, dass die deutschen Weine schon auf dem internationalen Niveau auch angekommen sind? 

Was heißt internationales Niveau? Ich glaube, dass wir in Deutschland einen verdammt guten Weinbau betreiben mittlerweile, auch auf größerer Fläche. Das war vor zehn, 15 Jahren noch anders. Da gab es nur ein paar gute Weingüter und dann kam ein großes Loch und dann kam der Rest. Ich glaube, die qualitative Breite hat sehr stark zugenommen. So zugenommen, dass es objektiv schwer zu entscheiden ist, der ist qualitativ besser als dieser ausländische Wein. Oder dieser ausländische Wein von Spitzenweingütern ist besser als der hiesige. Wir haben da in Württemberg glaube ich ganz gut nachgelegt. 

Gefällt Dir die Bezeichnung junger, wilder Winzer?

Jung und wild zu sein, bringt einem am Markt mehr Aufmerksamkeit mit entsprechenden Produkten. Was aber überhaupt nicht mein Ding ist, also bin ich eher konservativ. Ich bin aber zugegebenermaßen auch nie ganz zufrieden mit meinem Wein. Ich habe mit vielen Winzern gesprochen, die diesen Beruf schon ihr halbes Leben lang ausführen, und die haben mir alle versichert, dass mich das ein Leben lang begleiten wird. Das Niveau stimmt, aber bis man zu 100 % mit seinem Wein zufrieden ist, das ist ein sehr langer Weg.

Ist der Erlenbacher Kayberg eine gute Lage für den Weinbau?

Man muss die Potentiale von einem Berg erstmal kennenlernen. Und das finde ich am Kayberg momentan das Problem, dass man nicht genug Wertschätzung und Achtsamkeit auf die Stärken des Kaybergs legt. Am Kayberg selbst gibt es Flächen, die absolut top sind. Wir haben Steillagen, wir haben Keuperlagen. Wir haben z. B. Muskattrollinger, worüber ich sehr glücklich bin, das ist ein fruchtiger Wein mit Restsüße. Das ist jetzt kein Produkt wo man sagt, der Wein hat jetzt Weltpotential, aber es ist zum Beispiel eine Rebsorte, die passt einfach in den Erlenbacher Kayberg. Diese Stärken muss man lernen, am Markt auszuspielen.

Wie sieht für Dich ein perfekter Tag im Weingut aus?

Ich glaube, es gibt viele sehr gute Tage im Weingut. Der perfekte Tag ist immer dann, wenn man Projekte angegangen ist und an einem Tag ein kleineres Teilprojekt von einem Weingut zu Ende geführt hat und abends dann das Ergebnis sieht und sagen kann, ja, das war gut. Dann war ein perfekter Tag. Das kann die Arbeit im Weinberg sein oder im Keller. Es kann im Weinverkauf sein, oder eine Weinprobe mit einer Gruppe, auf die man sich vorbereitet hat und wenn diese dann gut läuft und erfolgreich war und es den Leuten gefallen hat, dann war es ein perfekter Tag. 

Was war Dein bisher größter beruflicher Erfolg?

Sicherlich die Erfolge in der Verkostung, Verkostungsergebnisse die einfach neu waren. Wir haben angefangen bei Blindverkostungen mitzumachen, und haben da sehr gut abgeschnitten. Wir haben erfolgreich bei einem deutschlandweiten Roséwettbewerb mitgemacht. Das sind Erlebnisse, die einen puschen. Vor allem, wenn man so nach zwei, drei Jahren, nachdem man aktiv mitwirkt gut abschneidet, das motiviert einen.

Meine letzte Frage: Hast Du ein Lebensmotto?

Jetzt hasch mich.


Weiterführende Links:

www.innovis.de - Medienagentur Heilbronn
www.weedenborn.de - Weingut in Rheinhessen, Deutschland
www.weninger.com/de - Weingut im Burgenland, Österreich
www.springfontein.co.za - Weingut in Stanford, Südafrika